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28 Nov 0
28-11-2022
Polnische Partei Solidarisches Polen hat weitere Änderungsanträge zum Staatshaushalt, zur Streichung von Mitteln für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache eingereicht. Dies ist ein weiterer Schritt des Abgeordneten Janusz Kowalski, der auf politischen Nutzen abzielt und in Konsequenz die einfachen Menschen trifft. Experten erklären, dass die von Herrn Kowalski angeführten Argumente unbegründet sind und die Öffentlichkeit irreführen. Vertreter der deutschen Minderheit appellieren, keine Politik auf Kosten der Bildung der Kinder zu betreiben, denn auf diese Weise werden ihre Kompetenzen und zukünftige Position auf dem Arbeitsmarkt geschwächt. Die Politiker der Partei Solidarisches Polen gehen noch einen Schritt weiter und streben danach, das Recht der nationalen Minderheiten, von der 5%-Hürde in den Parlamentswahlen entlassen zu sein, abzuschaffen. Und das alles zu einer Zeit, in der in anderen europäischen Ländern solche Gesetze ausgeweitet werden und der Deutsche Bundestag zusätzliche Mittel für den Polnischunterricht in Deutschland bereitstellt.
“So viele Rechte für die deutsche Minderheit in Polen wie viele Rechte für die polnische Minderheit in Deutschland”, hörten wir am Freitag die Worte des Abgeordneten Janusz Kowalski. Dies ist ein weiterer Angriff auf Menschen, die in den Woiwodschaften Oppeln, Schlesien oder Ermland-Masuren leben. Vertreter der deutschen Minderheit in Polen und Experten appellieren: Machen wir keine Politik auf Kosten der Bildung der Kinder.
Die Anträge der Abgeordneten der Partei Solidarisches Polen sind nicht der erste Schritt gegen die deutsche Minderheit in Polen, die seit Jahren in voller Symbiose unter anderem in der Region Oppeln lebt. Mit dem Antrag von Herrn Kowalski Ende letzten Jahres begann in Polen der Prozess der Begrenzung der Mittel für den Unterricht von Deutsch als Minderheitensprache. So lernen Kinder der deutschen Minderheit ab September 2022 statt drei Stunden nur noch eine Stunde pro Woche ihre Muttersprache. Wenn der Antrag angenommen wird, verschwindet auch diese eine Stunde aus dem Unterrichtsplan der Kinder. Gleichzeitig bemühen sich die Abgeordneten Solidarischen Polens, die Entlassung der nationalen Minderheiten von der 5%-Hürde in Parlamentswahlen abzuschaffen; und das zu einer Zeit, in der solche Rechte in anderen europäischen Ländern entwickelt werden.
Dr. Katarzyna Kownacka vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Oppeln betont, dass die Argumente des Abgeordneten Kowalski bezüglich des Unterrichts der polnischen Sprache in Deutschland auf falschen Prämissen beruhen; sie weist darauf hin, dass aufgrund der föderalen Struktur des deutschen Staates Fragen des muttersprachlichen Unterrichts den einzelnen Ländern anvertraut werden. Wenn also diese Art der Finanzierung auf die polnische Realität übertragen würde, würde die Bildung vollständig aus Mitteln der lokalen Selbstverwaltungen finanziert.
“Das Argument von Herrn Kowalski, Deutschland halte sich angeblich nicht an die Bestimmungen des deutsch-polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit ist rechtlich unbegründet. In der am 25. November veröffentlichten Erklärung des Koordinators für die deutsch-polnische zwischengesellschaftliche und grenznahe Zusammenarbeit, Dietmar Nietan, stellt die Bundesregierung im kommenden Jahr 1 Million Euro zur Verfügung und für Jahre 2024 und 2025 zwei Millionen Euro für die Tätigkeit des Kompetenz- und Koordinationszentrums Polnisch (KoKoPol) in Deutschland. Die von dem Abgeordneten Kowalski beharrlich wiederholten Worte, Deutschland stelle keine Ressourcen für das Erlernen der polnischen Sprache zur Verfügung, sind daher politische Manipulation.
In Bezug auf das Wahlrecht sei daran erinnert, dass die Befreiung von der 5%-Hürde allen Minderheiten in Polen und nicht nur der deutschen Minderheit gewährt wird; ähnliche Lösungen werden in vielen anderen europäischen Ländern angewendet, beispielsweise in Deutschland, Dänemark, Italien, Serbien, Kroatien oder in Ungarn. Im Falle von Minderheiten können wir auch nicht von Symmetrie sprechen, weil wir das Verhältnis zwischen Staat und Minderheit berühren, und die Minderheit, die von dem Staat abhängig ist, in dem sie lebt, kann nicht von internationalen Beziehungen als Geisel gehalten werden.”
Die Worte der Wissenschaftler werden vom Abgeordneten Ryszard Galla bestätigt: “Ich bin der einzige Abgeordnete, der vom Minderheitenausschuss ausgewählt wurde, in meiner Arbeit aber konzentriere ich mich nicht nur auf Minderheiten, sondern auch auf die Region, die ich immer stolz vertrete. Es sollte daran erinnert werden, dass es in der Woiwodschaft Oppeln viele Unternehmen gibt, die auf einer guten, langjährigen Zusammenarbeit zwischen Nachbarn basieren. Die deutsche Minderheit unterstützt seit Jahren Unternehmer und ermutigt internationale Unternehmen, hier ihre Niederlassungen anzusiedeln und Arbeitsplätze zu schaffen. Während und nach der Pandemie haben wir auch gemeinsam viel getan, um Unternehmern zu helfen. Und für Unternehmen sind nicht nur die Sprach-, sondern auch die kulturellen Kompetenzen der Mitarbeiter von Bedeutung. Ungerechtfertigte Konflikte zu schüren und Bildung und Arbeitsmarkt zu schwächen, schadet allen. Ich persönlich spüre die Auswirkungen dieser Aktionen durch Angriffe auf mich. Ich appelliere: Gerade in so schwierigen Zeiten wie heute dürfen wir nicht den Taten von Menschen mit bösen Absichten erliegen.”
Die Ankündigungen von Dietmar Nietan zur Aufstockung der Mittel für den Polnischunterricht in Deutschland sind ein klares und partnerschaftliches Signal. Auf der anderen Seite ist es der falsche Weg, schon siebenjährige Kinder, die die Politik nicht verstehen und sich nicht dafür interessieren, in die Politik zu mischen. “Schließlich, geht es nur um ihre Ausbildung, Zukunft, Position auf dem Arbeitsmarkt. Das Erlernen einer Sprache ist keine Politik, – es ist ein einfaches, weises und vernünftiges Motto, das am besten einfängt, wie Erwachsene denken sollten”, sagt Rafał Bartek, Vorsitzender der Oppelner Regionalversammlung und Lehrer und fügt hinzu:
“Als deutsche Minderheit haben wir in den vergangenen Jahren Gesundheitsversorgung, Infrastruktur und Schulsanierungen unterstützt. Es überrascht uns, dass nach so guten Jahren der Zusammenarbeit jemand nach Wegen sucht, die Menschen, die in einem Land leben, zu spalten.”
Aneta Buczek, Mutter von vier Kindern, Sozialaktivistin, macht keinen Hehl aus ihrer Überraschung: “Für mich, wie für alle Eltern ist das Wichtigste, dass Kinder die Möglichkeit haben, eine Sprache zu lernen. Ich finde es schwer zu verstehen, dass jemand es als etwas Schlechtes ansieht und darauf seine Politik machen möchte. Wie sollen wir den Kindern erklären, dass ihnen jemand die Perspektiven für die Zukunft nimmt, – nur weil er für einen Augenblick auf der politischen Ebene glänzen will? Schließlich weiß jeder von uns, dass Sprache eine Schlüsselkompetenz ist, die wichtig ist für die Zukunft, für die Arbeit und das Leben. Wir leben hier zusammen, wir arbeiten, wir erziehen Kinder in einer Atmosphäre der Harmonie und Zusammenarbeit, und jemand versucht, das alles zu zerstören.”
Das neue asoziale Narrativ wird auch von jungen Menschen wahrgenommen. Während der Jugendkonferenz in Kreisau haben die Jugendlichen einen gemeinsamen Brief und zugleich einen Appell an Politiker unter dem Titel “Lasst uns Brücken und keine Mauern bauen”. “Wir beobachten, was in der Welt passiert, wie schwierige Zukunft vor uns liegt. Wir möchten, dass die Politiker nicht nach Spaltungen suchen und Mauern bauen, sondern eine gute Zusammenarbeit anstreben. Wir, Polen und Deutsche, die an der Grenze leben, sind Freunde; wir mögen uns, wir lernen und arbeiten zusammen. Es gibt viele deutsch-polnische Ehen und Familien. Was ist der Zweck, uns zu spalten und den ohnehin schwierigen Start ins Erwachsenenleben zu verhindern? Bauen wir Brücken und keine Mauern, und ziehen wir Bildung nicht in die Politik rein”, sagt Andrea Polanski, Mitglied des Bundes der Jugend der deutschen Minderheit. Dem Appell der Jugend kann man sich anschließen: www.bjdm.eu
“Wir appellieren und bitten Politiker: Beschäftigen Sie sich für Politik, aber lassen Sie die Bildung der Kinder außerhalb der Welt des politischen Kampfes“, betonten die Teilnehmer der Montagskonferenz.