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26 Jun 0
26-06-2021
Sehr geehrte Delegierten der SKGD im Oppelner Schlesien,
wir treffen uns zum 2. Mal in Folge mit Verspätung zu der Jahresversammlung und wir werden heute in der ersten Linie ein sehr schwieriges Jahr 2020 zusammenfassen. Die Pandemie hat uns allen viel abverlangt, auf vieles mussten wir verzichten. Viele von uns sind erkrankt, manche sind sogar wegen der Pandemie von uns gegangen.
Umso mehr bin ich allen Mitgliedern der Gesellschaft aber auch den Mitarbeitern der Geschäftsstelle für das im letzten Jahr geleistete dankbar! Und wenn sie sich den Bericht angeschaut haben dann haben sie auch gemerkt, dass es nicht wenig war, was wir gemeinsam geleistet haben. In der Zeit wo Präsenzveranstaltungen nur im begrenzten Rahmen möglich gewesen waren, sind wir sehr schnell auf Online umgestiegen. Konzerte, aber auch Treffen der SKGD Strukturen fanden vor dem Bildschirm statt. Gleichzeitig haben wir mehr herausgegeben. So entstanden Jubiläumsbücher, Broschüren aber auch neue Internetangebote. Wir haben also auf jedem Fall die Zeit genutzt um dazuzulernen. Dabei bin ich mir bewusst, dass nicht alles optimal gelaufen ist und dass wir manches besser machen könnten, und ich kann ihnen versichern, dass wir es nächstes Mal noch besser machen werden, weil wir eben draus gelernt haben.
Den Bericht für das Jahr 2020 haben sie mit den Unterlagen erhalten und in meinem Hintergrund sind auch Bilder von den Veranstaltungen des letzten Jahres zu sehen. Ich werde deshalb bewusst nicht mehr im Detail drauf eingehen. Ich möchte sie jedoch auf paar Sachen aufmerksam machen:
- Wir haben insgesamt ein ähnliches Finanzergebnis wie im Jahr 2019 erzielen können, was heißt, dass wir trotz der Pandemie ähnlich viele Projekte umgesetzt haben.
- Wir haben kein Projekt zurückgezahlt aber viele umgestaltet. Hier möchte ich mich vor allem bei den Mitarbeitern der Geschäftsstelle bedankten, die sowohl im Büro aber auch teilweise in Home Office großartige Arbeit geleistet haben.
- Es fanden weniger Projekte in den DFKs statt, dafür wurden mehr „Zentralprojekte“, die u. A. mit dem Jubiläum verbunden waren, umgesetzt.
- Neue Projekte wurden umgesetzt, die auch in der Zukunft noch genutzt werden sollen- Virtuelles Museum der SKGD, DMi Quiz, DMi TV usw.
- Wir haben neues ausprobiert was auch noch in der Zukunft genutzt werden kann- Online Treffen der Strukturen, Online Konzerte usw.
Hier möchte ich mich auch bei allen Förderern und Unterstützern bedanken- vor allem bei beiden: deutschen und auch der polnischen Regierung. Ich bedanke mich bei dem Marschall der Woiwodschaft Oppeln, bei den Selbstveraltungsvertretern auf der Kreis- und Gemeindeebene die die Pflege der deutschen Kultur und Sprache unterstützen. Ich bedanke mich bei der Seelsorge der Diözese Oppeln für die Sorge um die deutsche Seelsorge in der Region. Ohne diese Unterstützung, die über das finanziellen hinausgeht könnte wir unsere Tätigkeit in diese Breite nicht ausüben.
Erlauben sie mir, dass ich heute bewusst über andere Aspekte unserer Tätigkeit sprechen werde. Es ist nämlich so, dass wir im dem Bereich, für den wir selber zuständig sind, also bei der Umsetzung von verschiedenen Projekten für Erwachsene, aber auch für Kinder und Jugendliche sehr aktiv sind. Wir machen viel, teilweise sehr viel aber man muss sich die Frage stellen ob es auch ausreichend ist? Es ist zum Beispiel sehr wichtig, dass wir durch den VdG das Projekt Deutsch AG für die Kinder aus der 7. Und 8. Klasse der Grundschule umsetzten, aber es ersetzt trotzdem nicht den Regelunterricht. Den Verlust der Deutschstunden und den Verlust des Faches Deutsch als Minderheitensprache auf den Abschlusszeugnissen können wir damit nicht kompensieren. Leider sehen wir seit mehreren Monaten keinen Willen im polnischen Bildungsministerium diesbezüglich was zu ändern. Dabei möchte ich betonen, dass sich Polen schon im Jahr 2009 mit der Ratifizierung der Europäischen Sprachenkarta der Minderheiten- und Regionalsprachen verpflichtet hatte, dass Minderheitenbildungswesen auf ganz anderes Niveau zu bringen. Ich möchte hier nicht auf die Details angehen, denn damit könnten wir jetzt einen ganzen Vortrag füllen. Ich möchte nur betonen, dass wir von der Umsetzung der dort vorgeschriebenen Vorgaben weit entfernt sind, was auch im Hinblick auf die neuen demografischen Entwicklungen in Polen (unter Anderem Zuwachs von Immigranten) zu neuen Problemen führt.
Ein anderes Thema was ich gerne ansprechen möchte ist das Thema des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrages über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit dessen Unterzeichnung vor fast genau 30. Jahren stattfand. Viele von uns können sich bestimmt gut dran erinnern, wie wichtig dieser Vertrag aus der Sicht der Deutschen in Polen war. Das war so ein kleines Grundgesetz, was viele von uns immer mit sich getragen haben. Wie sieht die Umsetzung des Vertrages aus der Sicht der Deutschen Minderheit nach 30. Jahren aus? Ich bedauere vor allem, dass nachdem bei dem 20. Jubiläum der deutsch-polnischer Runder Tisch getagt hatte und die gemeinsam unterschriebene Erklärung neue, sehr konkrete Ziele festgehalten hatte, ist dieses Dialogformat seit mehreren Jahren eingefroren. Das letzte Treffen fand im Jahr 2019 statt und diese brachte auch keinen Durchbruch, was die dort vereinbarten Ziele angeht. Umso mehr möchte ich an dieser Stelle dieses hervorheben, was wir regional in der letzten Zeit erreichen konnten. Das Dokumentations- und Ausstellungszentrum der Deutschen in Polen entsteht vor allem dank der Absprachen auf der Ebene der regionalen Selbstverwaltung. Erwähnen möchte ich aber an dieser Stelle auch, dass wo wir im Dezember 2020 über die damit verbundene Änderung in der Satzung der Woiwodschaftsbibliothek abgestimmt haben, dann geschah es über die Parteigrenzen hinaus und nur bei einer Enthaltungsstimme. Wichtig ist aber auch noch einmal zu betonen, dass diese und paar andere neue Projekte nur dank der erhöhten Zuwendung des deutschen Staates möglich geworden sind. Es freut uns aber auch, dass sich an den Ausstellungskosten des Dokumentationszentrums auch die polnische Regierung zumindest zum Teil beteiligt.
Sehr geehrte Damen und Herren,
es ist wichtig, dass es uns in der letzten Zeit gelungen ist neue Impulse mit neuen Projekten im Bereich der Kultur- und Sprache zu setzten. Jetzt müssen wir diese aber auch mit Leben füllen können. Dieses ist gerade in der Pandemiezeit noch einmal schwieriger geworden. Aber nicht nur die Pandemie ist für unsere Gesellschaft eine Herausforderung, aber auch die Assimilierung- und Globalisierungsprozesse. In einer globalen Welt, scheint die regionale Identität, aber auch eine Minderheitenidentität, keine Rolle zu spielen. Dieses ist aber nur ein Schein, denn in Wirklichkeit macht die Vielfalt Europas aber auch der ganzen Welt gerade die regionalen, kulturellen und sprachlichen Unterschiede aus. So gesehen möchte ich noch einmal auf die Volkszählung, die gerade in Polen stattfindet hinweisen. Ich bedanke mich bei jeden einzelnen der sich schon an der Werbekation beteiligt hatte aber gleichzeitig möchte ich um mehr bitten! Die Volkszählung läuft noch bis Ende September und ich möchte euch weiterhin drum bitten, die Menschen zu überzeugen an der Volkszählung teilzunehmen aber auch die Wahrheit zu sagen, was die Nationalität angeht. Dass ist gerade in dem Moment wichtig wo die meisten durch „anonyme“ Zähler des statistischen Amtes nur telefonisch abgefragt werden. Deshalb die große Bitte die Werbematerialien weiter zu verbreiten und den Menschen auch weiterhin bei der Volkszählung zu helfen. Wir dürfen nämlich nicht vergessen wie wichtig die Ergebnisse der Volkszählung für unsere Zukunft sein können. Wir wissen zwar nicht wer und wie die Ergebnisse einsetzten wird aber wir können uns sicher sein, dass daraus Politik gemacht wird.
Politik ist übrigens auch die Art und Weise wie man auf die Ereignisse, die Oberschlesien zu der Teilung des Gebietes vor 100. Jahren geführt hatten heutzutage schaut. Immer wieder versucht man auch aufs Neue uns den, hier in Oberschlesien lebenden Deutschen, unsere Sichtweise der Ereignisse als falsch zu beschreiben. Dabei waren die Ereignisse vor 100 Jahren, wie es auch schon heute Historiker feststellen, ein deutsch-polnischer Krieg. Ein Konflikt bei dem die Einwohner der Region vor 100 Jahren unterschiedlicher Meinung waren, was man u. A. an dem Plebiszitsergebniss sehen konnte. Deshalb sollt es heutzutage, wo wir schon dank den Wissenschaftlern aber auch dank vielen Zeitzeugen, so viel über die Details der Ereignisse wissen, es als selbstverständlich ansehen, dass es nicht die eine Sichtweise der Ereignisse geben kann. Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir nach 100 Jahren allen Opfern gedenken können, egal ob es Deutsche, Polen, oder Vertreter der Alliertenkräfte sind. Oberschlesien wurde vor 100 Jahren durch die Ereignisse geteilt, lassen wir uns heute aber durch diese Ereignisse nicht aufs neue teilen. Lassen wir uns aber auch unsere Sichtweise der Ereignisse vor 100. Jahren nicht wegnehmen. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle ganz besonders bei all denen bedanken, die sich in den letzten Monaten bemüht haben auch die deutsche Sichtweise der Ereignisse zu verdeutlichen. Hier möchte ich sowohl die Initiative der Kranzniederlegung an den Gräbern der deutschen und der polnischen Opfer auf dem Friedhof in Annaberg nach der Wahlfahrt hinweisen, aber auch an die Geschichtsreihe in den Sozialen Medien von Waldemar Gielzok- den Vorsitzenden der Deutschen Bildungsgesellschaft aber auch des DFKs Guttentag. Erwähnen möchte ich aber auch die Diskussion im Stadtrat in Oberglogau an der auch unsere Vertreter beteiligt waren. Es gehört schon Mut dazu auch schwierige Themen anzusprechen und dafür möchte ich all denen danken, die es machen! Es sind manchmal scheinbar kleine Sachen die jedoch großes bewirken können. Unsere Meinung, Unsere Geschichtswahrnehmung ist auch ein Teil der Geschichtswahrnehmung dieser Region. Lassen wir uns dieses nie wegnehmen.
Abschließend erlauben Sie mir noch ein Zitat aus dem vor 30 Jahren durch Deutsche und Polen unterschrieben Vertrag. In dem Artikel 20 des Vertrages heißt es u. A.: „Die Angehörigen der deutschen Minderheit in der Republik Polen, das heißt Personen polnischer Staatsangehörigkeit, die deutscher Abstammung sind oder die sich zur deutschen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, sowie Personen deutscher Staatsangehörigkeit in der Bundesrepublik Deutschland, die polnischer Abstammung sind oder die sich zur polnischen Sprache, Kultur oder Tradition bekennen, haben das Recht, einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen Mitgliedern ihrer Gruppe ihre ethnische, kulturelle, sprachliche und religiöse Identität frei zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und weiterzuentwickeln, frei von jeglichen Versuchen, gegen ihren Willen assimiliert zu werden.“ Vergessen wir dieses nicht, denn letzten Endes hängt so viel dann doch wieder von uns ab!
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit
Rafał Bartek