-
26 Jun 0
26-06-2021
Aufruf der Delegierten der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien Zu 30. Jahrestag des Deutsch- Polnischen Nachbarschaftsvertrages
Sakrau, 26.06.2021
Wir, die gewählten Vertreter der größten Gesellschaft der Deutschen Minderheit in Polen, verstehen uns als ein Teil der polnischen und der deutschen Zivilgesellschaft, die wir seit 30. Jahre aktiv mitgestalten.
Aus Anlass des 30. Jahrestages der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvetrages im Juni 2021 rufen wir dazu auf, die bilateralen freundschaftlichen Beziehungen der beiden Länder weiter zu vertiefen. Aus der Sicht der in Polen lebenden Deutschen, war der deutsch-polnischer Nachbarschaftsvertrag die erste und gleichzeitig sehr wichtige Grundlage, wo die Rechte der in Polen lebenden Deutschen festgehalten wurden.
Wir weisen darauf hin, dass der Vertrag vieles regelt was zu der Zeit der Volksrepublik Polen verboten war: das Recht die eigene Kultur und Sprache zu pflegen, Recht auf die Führung von Vor- und Familiennamen in der Muttersprache, Recht die Geschichte und Kultur der Deutschen Minderheit in den Bildungseinrichtungen zu erlernen und vieles andere. Die Lage der Deutschen in Polen hat sich in den letzten 30 Jahren stark verändert und dieses nicht zuletzt dank der Regelungen des Vertrages. Beide Länder, Deutschland und Polen sind politisch, gesellschaftlich und kulturell aufeinander angewiesen, unter anderem auch dank der Europäischen Union. Die EU, Deutschland und Polen haben sich in den letzten 30 so stark verändert aber auch entwickelt, dass es an der Zeit wäre auch die Konzepte der Förderung der deutschen Kultur und Sprache neu zu überlegen.
Wir rufen dazu auf, die Beschlüsse der Erklärung des deutsch-polnischen Runden Tisches vom 12. Juni 2011 vollständig umzusetzen. Es freut uns, dass es dank der Anstrengung und Unterstützung von vielen Seiten Fortschritte bei manchen Themen, wie z. B. die Gründung des Dokumentations- und Ausstellungszentrums der Deutschen in Polen gibt, bemängeln jedoch den seit Jahren herrschenden Stillstand und an mancher Stelle sogar Rückschritte bei dem Thema Bildung der Deutschen Minderheit in Polen.
Wir appellieren, die Problematik der Bildung der Deutschen Minderheit nicht nur aus der Perspektive der Minderheit selber zu sehen, aber auch aus der Perspektive der europäischen Region in der die Minderheit lebt. Kulturelle Vielfalt, Minderheitensprachen sind heutzutage Wirtschaftsfaktoren, die so manche europäische Regionen beleben. Gute Bildungsansätze, die die Wiederbelebung der Minderheitensprache sicherstellen würden, sind dazu eine wichtige Voraussetzung.
Wir sind uns sicher, dass die Unterschiede bei der Geschichtswahrnehmung uns nicht trennen, sondern uns bereichern können. Selbst wenn sich die Erinnerungskulturen unterscheiden, müssen geschichtlich bedingte oder wertebezogene Unstimmigkeiten politisch gelöst werden.
Wir schlagen vor in der Oppelner Region ein Zentrum der Mehrsprachigkeit zu errichten, was Konzepte der Spracharbeit an den Schulen, Kindergärten aber auch an außerschulischen Einrichtungen ausarbeiten und wissenschaftlich begleiten könnte. Das Zentrum sollte in der ersten Reihe der Weiterentwicklung der deutschen Sprache als Minderheitensprache dienen, aber die Ergebnisse der Arbeit, könnten sehr wohl auch für andere Sprachen und kulturelle Gruppen nützlich werden.
Wir bekennen uns dazu, als in Polen lebende Deutsche, auch künftig Verantwortung für den deutsch-polnischen Dialog zu übernehmen und zu der Umsetzung der Forderungen beizutragen.