“Tut das mutig” – Ein Aufruf des Vorsitzenden des VDG, Bernard Gaida [Volkszählung 2021]

“Tut das mutig” – Ein Aufruf des Vorsitzenden des VDG, Bernard Gaida [Volkszählung 2021]

  • 01 Apr. 0

01-04-2021

Liebe Landsleute,

liebe Mitglieder der deutschen Gemeinschaft in Polen

und alle, die sich damit identifizieren

Die schon traditionelle Volkszählung, die dieses Jahr alle in Polen lebenden Menschen erfassen wird, fängt gerade an. Sie ist aus dem Grunde wichtig, weil sie den Behörden aller Gebiete bessere Planung der Tätigkeiten ermöglichen wird: sowohl auf lokaler als auch auf staatlicher wie europäischer Ebene. Auch in anderen Ländern Europas wird die Volkszählung durchgeführt.

Für alle Bürger Polens, die eine andere Nationalität als die polnische haben, die eine andere Muttersprache sprechen und eine andere Erinnerungskultur und Geschichte haben, hat die Volkszählung eine sehr wichtige zusätzliche Bedeutung. Alle nationalen und ethnischen Minderheiten erklären öffentlich, was sie von anderen Einwohnern des Landes unterscheidet. Gleichzeitig zeigen sie die kulturelle und sprachliche Vielfalt Polens und  ihren Platz in diesem Land. Daraus ergeben sich unsere konkreten Bedürfnisse in der Kultur- und Bildungspolitik, sowie die Verpflichtungen des Staates seinen Bürgern tatsächliche Gleichheit zu sichern, unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit. Polen hat mehrmals versprochen, nicht nur die Erhaltung unseres Erbes zu fördern, sondern auch seine Entwicklung zu unterstützen.

Deswegen ist es so wichtig, dass alle, die sich als Deutsche fühlen, deutsche Wurzeln haben, sich als Teil deutscher Geschichte, Kultur und Tradition betrachten, ihre deutsche Nationalität bei der Volkszählung im Formular angeben. Tut das mutig mit dem Verantwortungsgefühl für die Zukunft von euch und euren Kindern. Am besten wird das durch den europäischen Leitgedanken ausgedrückt:  „Vereint in der Vielfalt“. Unsere öffentliche Erklärung soll eine klare Antwort auf alle Versuche der Rückkehr zu den Nachkriegsjahren sein. In diesen waren wir einer kulturellen und sprachlichen Diskriminierung des Staates ausgesetzt, der sich für national einheitlich hielt. Manche haben Zweifel, ob sie ihre deutsche Nationalität angeben sollen, wenn sie in ihren Familien die deutsche Sprache im Alltag nicht benutzen oder sie gar nicht gut kennen. Umso mehr sollten wir es dann tun. Es ist nämlich die Folge einer für Polen unrühmlichen Zeit der Beschränkung von Verfassungsfreiheiten und zugleich eine Verpflichtung dieses Unrecht für die kommenden Generationen wiedergutzumachen, durch die Bildung in der deutschen Sprache. Um eine Chance zu haben, für dieses Recht und andere zu kämpfen, damit sie in der Praxis verwirklicht werden, müssen wir zeigen, wie zahlreich die deutsche Minderheit ist. 

Genauso wie bei den Volkszählungen in den Jahren 2000 und 2011 bekomme ich zu hören, dass manche von uns immer noch Angst haben, sich zu ihrem Deutschtum zu bekennen. Es ist traurig, dass ein demokratischer Staat nicht im Stande ist, diese Ängste zu beseitigen. Gleichzeitig muss ich betonen, dass ich keine Person kenne, die aufgrund der Angabe der deutschen Nationalität bei den vergangenen Volkszählungen auf irgendeine Art benachteiligt wurde. Wir sollten daran denken, dass alle, die sich zu ihrer Nationalität eindeutig bekennen Respekt wecken. Jeder schätzt Treue gegenüber Wurzeln und Vorfahren. Unsere polnischen Nachbarn zeigen  sich immer öfter fasziniert  von der deutschen Vergangenheit der westlichen und nördlichen Gebiete.  Umso mehr sollten wir, als die Nachfahren dieser Gebiete, die Zeugen ihrer deutschen Vergangenheit sein. 

Vor 30 Jahren wurde der deutsch-polnische “Vertrag über gute Nachbarschaft und freundschaftliche Zusammenarbeit” unterzeichnet, in dem der deutschen Minderheit die Aufgabe übertragen wurde, Brücken zwischen Deutschland und Polen zu bauen. Indem wir uns zur deutschen Gemeinschaft in Polen bekennen, können wir dies mit stolzem Gefühl tun, denn wir erfüllen diese Rolle verantwortungsvoll und effektiv. Wir erfüllten diese Rolle auch damals, als wir hinter dem Eisernen Vorhang die einzigen Vertreter unserer Nation waren. Obwohl wir nicht anerkannt waren, suchten wir einen Geist des christlichen Verständnisses dort, wo immer wir lebten.

Mit Stolz, auch deswegen, weil schon Johann Wolfgang von Goethe sagte, „alles Große und Gescheite existiert nur in der Minorität“, aber auch dank der Erinnerung an den Beitrag Schlesiens, Pommern oder Ostpreußen in die deutsche Kultur und Wissenschaft.

Die Fragen nach der Nationalität und der ethnischen Zugehörigkeit, ergänzt um die Fragen nach der zu Hause benutzten Sprache, sind keine Fragen nach der Staatsbürgerschaft. Es geht um unser Gefühl der Zugehörigkeit und der Verbundenheit zur Kultur und Abstammung. Es geht um die Stimme des Herzens. Da ist es nicht wichtig, ob Du einen deutschen Pass hast, dass die deutsche Sprache in Deinem Haus, wie in den meisten auch, neben einer anderen benutzt wird. In Gesprächen, beim Nachrichtenschauen, beim Musikhören oder wenn man Kindern Märchen vorliest. Vergiss nicht, dass man Dich genau danach fragt. Die deutsche Nationalität und die deutsche Sprache sollten in deinem Formular bei der Volkszählung nicht fehlen.

Im Herzen tragen wir das Erbe unserer Vorfahren. Es ist ein wohl durchdachtes, befestigtes Erbe, dass an die Zukunft, also auch an die Jugendlichen, gerichtet ist. Es bedeutet Versöhnung mit der Welt, die uns umgibt. Das Deutschtum eines jeden von uns ist verwachsen mit Schlesien, Pommern, Ermland, Masuren oder Lodz. Man kann sich einzig zum Deutschtum bekennen. Aber man kann auch seine Zugehörigkeit  zu anderen Gemeinschaften äußern: der kaschubischen, schlesischen, tschechischen oder polnischen. Das Deutschtum sollte  aber nicht vergessen werden!

Beim Ausfüllen des Formulars denk daher daran, Deine Verbundenheit mit der deutschen Nationalität und deutscher Sprache zu bekennen. Denk daran, dass Du darauf ein Recht hast und Deinen Vorfahren gegenüber eine Pflicht. Hilf anderen an der Volkszählung teilzunehmen. Sei achtsam, wenn ein Volkszähler Deine Antworten notiert.

Falls Sie Fragen zur Volkszählung oder zum selbstständigen Ausfüllen des Formulars haben, wenden Sie sich an uns! Alle Informationen finden Sie auf www.vdg.pl.

Ja, wir sind Deutsche! Und wir sind stolz darauf.

Bleibt vorsichtig und gesund!

Bernard Gaida

   

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