-
07 Jun 0
07-06-2020
Sehr geehrte, andächtige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Liturgie, die wir zu Ehren des Drei-einigen Gottes in der Kathedrale in Oppeln feiern (der Pandemie wegen). Wir danken Gott für ein viertel Jahrhundert der Wallfahrten Nationaler und Ethnischer Minderheiten auf den St. Annaberg; wir danken für die Möglichkeit ihrer geistigen Entfaltung in der Realität der Kirche in Polen.
Vor 25 (fünfundzwanzig) Jahren hat die erste Wallfahrt der Minderheiten am St. Annaberg – Herr Prälat Wolfgang Globisch organisiert – auf Anweisung von Erzbischof Alfons Nossol. Seinen Bemühungen verdanken wir, dass auf unseren Berg „des vertrauensvollen Gebets“ die Wallfahrten zur Heiligen Anna in deutscher Sprache zurückgekehrt sind. Diese Glaubens-Begegnungen versammeln nicht nur die Vertreter der Deutschen Minderheit, sondern auch das Volk Roma, die Tschechien, Slowaken, Österreicher, Pilger aus Deutschland, letztens auch die Einwohner der Ukraine wie die Nachkommen der schlesischen Emigranten aus Texas in den USA. Wir danken Gott und allen, die dieses Gotteswerk 25 Jahre lang betreuen!
Die erste Wallfahrt fand am 2. Juli 1996 statt. Ihr Motto war: „Treu zu Christus und dem Erbe der Väter“. Hauptzelebrant war damals der Apostolische Protonotar Paul Pyrchalla und die Predigt hielt Pfarrer Peter Tarlinski. Ähnlich wie heute – fiel die Wallfahrt mit dem Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit zusammen. Ist das ein Zufall – oder eine Verkettung von unbedeutenden Umständen? Seit Jahren spricht unser Erzbischof davon, dass in dem was den Anschein eines Zufalls hat – wir die Logik der Göttlichen Vorsehung sehen sollten. In diesem Fall könnten wir von dem Fingerzeig Gottes sprechen, der den wesentlichen Inhalt, die Botschaft aufzeigt.
Sehr Ausdrucksvoll ist die heutige Liturgie. Sie erinnert uns daran, dass der Grund unserer christlichen Identität der Glaube an den einen Gott in drei Personen ist. Daher hören wir in der Präfation die wichtigen Worte: „So beten wir an im Lobpreis des wahren und ewigen Gottes die Sonderheit in den Personen, die Einheit im Wesen und die gleiche Fülle in der Herrlichkeit“. Wir kennen in Gott die Einheit der Natur und die Kommunion der Personen an. Wenn die Kirche ein solches Vorbild des Göttlichen Lebens hat, verwirklicht sie – seit Beginn an – die katholische Einheit, das heißt: Die Einheit in der versöhnten Vielfalt. Diese Aufgabe ist nicht leicht. Daher auch das Motto der diesjährigen Wallfahrt – welches der Zweiten Lesung entnommen wurde – das die wesentliche Botschaft und die Wünsche zum Silbernen Jubiläum der Wallfahrten zum St. Annaberg enthält: „Gott der Liebe und des Friedens sei mit euch!“ (1 Kor 13,11).
Am St. Annaberg, am 21 (einundzwanzigsten) Juni 1983 betonte der Heilige Johannes Paul II (der zweite) , dass unsere Schlesische Erde eine vielfältige Versöhnung ständig nötig hat: Mit Gott und unter uns. Heute, angesichts der vielen Spaltungen sehen wir noch deutlicher, wie wichtig diese Aufgabe in unserem ganzen Vaterland und generell in Europa und der Welt ist. Unser heiliger Landsmann hat uns deutlich zu verstehen gegeben, dass die Grundlage für eine Versöhnung, für den Aufbau der Einheit und des Friedens die Achtung der Nationalen und Ethnischen Minderheiten ist. Direkt hat der das in seiner Neujahrs-Botschaft von 1989, die er an die Menschen guten Willens richtete, zum Ausdruck gebracht: „Um Frieden zu schaffen – Minderheiten achten“. Dort befinden sich seine sehr wichtigen Worte darüber, dass die Minderheiten das Recht auf Existenz und auf das Bewahren und die Entfaltung der eigenen Kultur haben (pkt. 5 und 7). Dies bezieht sich besonders auf die eigene Bildung, eigene Medien, eigene Feste und Erinnerung-Tage, eigene Traditionen und Bräuche, eigene wissenschaftliche und kulturelle Zentren. Den Nationalen und Ethnischen Minderheiten sollten solche Rechte garantiert werden, wie sie auch die Mehrheit hat; nicht mehr aber auch nicht weniger.
Bisher ist es den Minderheiten gelungen fruchtbar viele Rechte zu nutzen. Imponierend ist die Arbeit von Vertretern der Deutschen Minderheit in den Strukturen der Selbstverwaltung, die allen Einwohnern unserer Region fürsorglich dient. Bewundernswert sind die kulturellen Errungenschaften, die besonders sichtbar sind bei dem Deutschen Kulturfestival in Breslau – alle drei Jahre. Es genügt in das „Wochenblatt“ – die Zeitschrift der Deutschen in Polen – zu schauen, um auf dem Laufenden zu sein und das Engagement der Deutschen für ihre Kultur und die deutsch-polnischen Versöhnung zu sehen. Diese positive Entwicklung ist auch beidem Volk Roma zu verzeichnen, das in den vergangenen Jahrzehnten deutlich seine Aktivitäten im Bereich der Bildung und Kultur gesteigert hat. Das freut und diese Tätigkeiten sollte man ohne Befürchtungen entfalten. In ihnen gibt es keine Bedrohung für die Mehrheit; sie sind eine Bereicherung unseres gemeinsamen Lebens. Die Minderheiten sind keine Gefahr für die Mehrheit – sondern ihre Bereicherung. Daher: „Gott der Liebe und des Friedens sei mit euch Allen!“
Selbstverständlich, wenn wir die Pracht der Kommunion und Einheit in Gott betrachten, können wir den unterschiedlichen Formen der Diskriminierung, des Hasses, der Verachtung und Missachtung der menschlichen Würde und Rechte NICHT zustimmen. Es kann keine Billigung für Erniedrigung und Marginalisierung von gesellschaftlichen Gruppen aus ethnischen, nationalen, religiösen bzw. kulturellen Gründen geben. Alle müssen wir uns vor Nationalismus und Rassismus schützen sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Leben.
Zu den sehr wichtigen Haltungen in der Seelsorge gehören Besonnenheit und Hochachtung. Dank ihnen werden in vielen Pfarreien unserer Diözese regulär die Heiligen Messen in deutscher Sprache gefeiert – die liturgisch gut vorbereitet sind mit beachtlicher Teilnahme der Gläubigen. Daher wende ich mich an die Pfarrer und die Pfarrgemeinden mit der Bitte, die pastorale Betreuung der Minderheiten fortzusetzen und diese dort einzuführen wo sie möglicherweise voreilig eingestellt wurde. Die Minderheiten ermutige ich zum Beleben der inneren Glaubensdynamik, damit die eigene kulturelle Identität mit dem Vertrauen auf den Die-Einigen Gott verbunden wird. Stützt eure Zukunft auf die Eucharistie und das Evangelium , auf die Tradition des Glaubens euer Vorfahren, auf die Zusammenarbeit mit der Mehrheit, auf die eigene christliche und kulturelle Identität – die offen ist auf Gott und den anderen Menschen. Und: „Gott der Liebe und des Friedens sei mit euch Allen!“ Amen.