-
30 Jan 0
30-01-2018
Der Januar führt unsere Gedanken zu den tragischen Ereignissen von vor 73 Jahren. Seit vielen Jahren besuchen wir die Gedenkstätten sowohl in Schwientochlowitz-Zgoda, in Myslowitz-Rosengarten und in Lamsdorf. Der Begriff der Oberschlesischen Tragödie hat sich bereits in der Öffentlichkeit Schlesiens etabliert, auch wenn auf verschiedene Weise.
Die einen haben sich daran gewöhnt das Verbrechen als kommunistisches zu deklarieren, die anderen versichern ständig, dass es stattgefunden hat weil die Opfer Schlesier waren und nur als Deutsche angesehen wurden. Als das ein Unterschied sein könnte. Noch andere meinen, dass die einzigen Täter und Organisatoren des Verbrechens Russen waren. Fast alle aber denken über die Tragödie als ein schlesisches oder gar nur den östlichen Teil Oberschlesiens umfassendes Ereignis.
Als ich aber im vorigen Jahr in Berlin eine Ausstellung über alle 25 deutsche Minderheiten in Europa eröffnet habe, musste ich feststellen, dass das Schicksal der deutschen Bevölkerung in Mitteleuropa ähnlich war: Vertreibungen, sog. Arbeitslager, Deportationen in die UdSSR, Vergewaltigungen, Leid und Tod. So war es in Rumänien, in Ungarn, in der Tschechoslowakei und in ganz Ostdeutschland, also in Schlesien, Pommern, Ost- und Westpreußen, in Danzig, Lodsch und Posen.
Wenn wir hier an der Gedenktafel oder Gräbern der in Schlesien ermordeten stehen, denken wir also auch an die getöteten Sudetendeutsche, die aus Siebenbürgen deportierten, die aus Ungarn vertriebenen, die in Ermland vergewaltigte Frauen, die in Königsberg verhungerte Kinder, die Waisen aus Masuren, die in litauischen Wäldern herumirrten, die Mütter, denen man in Potulitz ihre Säuglinge weggenommen hatte.
Versuchen wir hier in Schlesien das Leid der anderen, die ebenfalls Opfer der Sieger wurden, nicht zu überbieten. Denn wie soll man das Leid der einen mit dem Leid der anderen vergleichen. Das Leid der in Lagern umgekommenen Familien mit dem Leid der Familien, deren Mitglieder nach Donbas oder Sibirien deportiert wurden. Das Leid der Waisenkinder aus Ostpreußen die den Hungertod der Mütter und Omas gesehen haben und dann ausgehungert nach Osten, über den Memel nach Litauen geflüchtet haben nur um weiter von den Gebieten unter der polnischen Verwaltung zu sein. Weil die Litauern besser für sie waren. Wie kann man den Schmerz des Verlustes der Namen, Sprache und Religion messen. Es ist unmöglich einzuschätzen wie der Verlust der Kinder schmerzt die in Potulitz zu Adoption gegeben wurden und die erfolglose jahrelange Suche der Mütter nach den verlorenen Kinder.
Denken wir daran, dass zu der Zeit, als die Welt den Frieden feierte, zwischen der Ostsee, dem Mittelmeer und dem Schwarzen Meer das Leid von Millionen hat gerade erst begonnen.
Heute stehen wir symbolisch an der einer von wenigen, unseren Gedenkstätten. Aber das Gedenken von uns muss breit sein, viel breiter als nur Schlesien. Die meisten Stätten unseres Gedenkens haben keine Tafeln. Deswegen vor zwei Wochen, als Deutscher und Schlesier in dem Präsidenten Palast in Warschau habe ich gesagt: „ In Polen leben auch Bürger die keine Polen sind, mit einer eigenen Geschichte und anderen Empfindlichkeit, mit den gleichen Pflichten aber auch Rechte“ und das wir ständig aufrufen nicht nur um bessere Bildung, Medienzugang „aber auch um Achtung gegenüber auch unseren Gedenkstätten“.
Hier in Schlesien an den, im Vergleich mit dem Ausmaß des Nachkriegsterrors, wenigen Gedenkstätten rufe ich auf um alle Opfer der Sieger zu gedenken, weil sie oft in der Geschichte verschwiegen sind. Deswegen müssen wir rufen um die zu erinnern , die zwar das Kriegsende erleben dürfen, nicht aber den Frieden. Jedoch ich kann nicht schließen ohne zu sagen, dass das Leid keine Volkszugehörigkeit kennt und so Opfer als auch Täter, ohne die Proportionen zu vergessen, in jedem Volk waren. Unseres Christentum verlangt, dass wir für alle beten und die Gedenkstunde zum Werkzeug des Friedens und Eintracht und nicht Spaltung machen, in der wir immer mehr leben.
Gedenken wir uneingeschränkt aller Opfer des Krieges und der Nachkriegsgewalt.
Das Gedenken wie immer begann mit dem Gebet um zu zeigen, dass unsere Betrachtung über unseren Gedenkstätten führt nicht zu Relativierung der Geschichte sondern zu Wiederherstellung ihrer vollen Inhalt. Es war auch nie mit der Feindlichkeit verbunden. Gestern sagte Frau Sabine Haake, Konsulin der Bundesrepublik Deutschland, dass nach den Verbrechen die Deutschland gegenüber Polen in dem II Weltkrieg begangen hat, die gegenwärtige partnerschaftliche und freundschaftliche deutsch-polnische Beziehungen grenzen an ein Wunder. Dass hier mit uns auch Polen stehen, bestätigt nur dieses Wunder. Die Gedenkstunde widmen wir den die heute Feindlichkeit säen. Die sollen sich besinnen weil die gefährlich spielen.