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07 Jun 0
07-06-2016
Die Jahresversammlung der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien fällt ein negatives Urteil über das Vorhaben des Stadtpräsidenten von Oppeln Arkadiusz Wiśniewski, die Stadt Oppeln um die Gemeinden Dambrau, Groß Döbern, Comprachtschütz, Proskau und Turawa zu erweitern. Das Vorhaben des Stadtpräsidenten verstößt gegen die verankerte, jahrhundertelange, historische aber auch ökonomische Struktur dieser Oppelner Gemeinden, die für viele zu ihrer Heimat geworden ist. Die vom Vorhaben betroffenen Gemeinden bilden wahre Gemeinschaften, die sich seit Jahren für den inneren Integrationsprozess einsetzen, der dann gebremst werden könnte. Die durch die Medien erfolgte Vorstellung dieses Vorhabens, ohne vorher mit den betroffenen Gemeinden ins Gespräch zu kommen, sowie der vom Oppelner Stadtrat gefasste Absichtsbeschluss, der trotz des großen gesellschaftlichen Widerstandes zustande gekommen ist (94% bis 99% Gegenstimmen bei einer hohen Beteiligung von 40% bis 60% der Wahlberechtigten), zeigen nach unserer Einschätzung, wie demokratische Prinzipien und Grundsätze des Dialogs missachtet werden. Diese beiden Prinzipien gehen immer mit der Schaffung eines breiten Vertrauens der Bevölkerung einher. Ein negatives Urteil über die Erweiterung der administrativen Grenzen von Oppeln fällten auch die betroffenen Gemeinderäte, der Kreisrat von Oppeln, der Landräte-Konvent sowie das Regionalparlament der Woiwodschaft Oppeln (Sejmik). Diese Gremien sehen sowohl das eigentliche Vorhaben als auch die Art und Weise, wie die öffentliche Debatte durch den Stadtpräsidenten geführt wird, kritisch.
Die betroffen Gemeinden werden u. a. von Menschen deutscher Abstammung bewohnt. Dies zeigen sowohl die sozial-kulturellen Aktivitäten der DFK-Verbände der SKGD im Oppelner Schlesien als auch die Ergebnisse der letzten Volkszählung von 2011. Deutsche Nationalität gaben damals an: 14% der Einwohner der Gemeinde Dambrau, 17,8% der Einwohner der Gemeinde Groß Döbern, 17,4% der Einwohner der Gemeinde Comprachtschütz, 26,2% der Einwohner der Gemeinde Proskau sowie 21% der Gemeinde Turawa. Mit diesem Beschluss appellieren wir an die Polnische Regierung, sich an folgende Bestimmungen zu halten: Bestimmungen im Art. 5 Abs. 2 des polnischen Gesetzes über nationale und ethnische Minderheiten sowie Regionalsprache, das besagt: „es ist verboten, Maßnahmen zur Änderung der nationalen und ethnischen Zusammensetzung in von der Minderheit bewohnten Ortschaften zu ergreifen“, und die Bestimmungen des Art. 16 des Rahmensübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten des Europarates, das besagt: „Die Vertragsparteien sehen von Maßnahmen ab, die das Bevölkerungsverhältnis in von Angehörigen nationaler Minderheiten bewohnten Gebieten verändern und darauf gerichtet sind, die Rechte und Freiheiten einzuschränken, die sich aus den in diesem Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätzen ergeben.“
Das Vorgehen des Stadtpräsidenten zeigt, dass außer den ökonomischen Zielen auch der unmittelbare Einfluss auf das Bevölkerungsverhältnis der von der Deutschen Minderheit bewohnten Region im Vordergrund des Erweiterungsvorhabens steht. Demnach gaben im Kreis Oppeln laut der Volkszählung von 2011 19,82% der Menschen deutsche Nationalität an. In der kreisfreien Stadt Oppeln hingegen geben es nur 2,46% an. Es ist selbstverständlich, dass die Änderung des Bevölkerungsverhältnisses den Menschen die Inanspruchnahme von rechtlichen Möglichkeiten, die die polnische und europäische Gesetzgebung garantiert, erschweren wird. Ein Beispiel dafür wäre die Partizipation am sozial-politischen Geschehen, weil die Aufteilung der Wahlkreise in Oppeln im Gegensatz zu einmandatigen Wahlkreisen in Dorfgemeinden keine Garantie für die Mitarbeit im Stadtrat für die Vertreter der am Stadtrand gelegenen Stadtteile vorsieht. Die aktuelle Aufteilung der Wahlkreise bevorzugt Kandidaten aus großen im Stadtzentrum gelegenen Stadteilen. Als Deutsche Minderheit haben wir in den letzten Jahren den Bund der Polen in Litauen bei ihren Protest gegen die Versuche, die Kreis- sowie Wahlkreisgrenzen zu ändern, unterstützt.
Obwohl wir die Zusammenarbeit fortführen wollen, bringen wir unser Nein zum Versuch, die in den letzten 26 Jahren gemeinsam in der Region aufgebaute Gemeinschaft zu zerstören, zum Ausdruck. Die Zerschlagung der Solidarität unter den Selbstverwaltungen und den Einwohnern der Woiwodschaft Oppeln führt langfristig zur Desintegration der aktuell starken Region. Ohne Solidarität wird die Region nicht in der Lage sein, in einer starken Gemeinschaft solche Werte wie Offenheit, Respekt vor andern Kulturen und Toleranz zu verteidigen. Es sind Werte, die wir uns gemeinsam in der letzten Jahrzehnten erarbeitet haben und durch die wir uns in Polen und Europa auszeichnen. Da wir die gemeinsamen Interessen aller in der Woiwodschaft lebenden Bevölkerungsgruppen, d.h. die Entwicklung der Region, im Auge haben, setzten wir uns für die Aufnahme eines konstruktiven und partnerschaftlichen Dialogs in diesem Bereich ein.